© Karin Prignitz
SCHLOSS HOLTE-STUKENBROCK
Hier geht es um Köstlichkeiten
Mein Schreibtisch: Rüdiger Paul vom „LaCuccina“ am Stellwerk erledigt die Büroarbeit auf kleinstem Raum. Seine Leidenschaft ist das Kochen
Karin Prignitz
22.05.2019 | Stand 21.05.2019, 18:57
Uhr
Schloß Holte-Stukenbrock. Der kleinste Schreibtisch der Welt ist er vielleicht nicht, dennoch muss Rüdiger Paul mit einer Fläche von gerade einmal 72 mal 50 Zentimetern auskommen. Plus 35 Zentimeter des angrenzenden Rollcontainers.
Eben weil der Platz begrenzt ist, läuft hier fast alles digital“, verweist der Betreiber des „LaCuccina“ im Stellwerk am Bahnhof auf den großen Bildschirm. „Der Rechner ist das zentrale Element“ im winzig kleinen Büro. Dass es hier gleich mehrere Uhren gibt, kommt nicht von ungefähr.
Tapas und rund 250 mediterrane Fingerfood-Genüsse können im „LaCuccina“ hergerichtet werden. „Hinter jedem verbirgt sich eine Rezeptur“, sagt Rüdiger Paul und deutet auf besagten Bildschirm, auf dem gut sichtbar die Bestellmengen hochgerechnet werden. „Daraus ergibt sich die Einkaufsmenge.“ Für 50 Lachsröllchen etwa benötigt der 62-Jährige 665 Gramm Lachs. Eine Bestellliste zeigt ihm an, ob noch etwas vorrätig ist oder ob nachgeordert werden muss.
Ein Miniaturdrucker für Etiketten spuckt Kärtchen aus, auf denen neben den gewünschten Köstlichkeiten allergieauslösende Substanzen aufgeführt werden. 14 davon gebe es, sagt Paul. Bei Tagliatelle mit Kirschtomaten und Rucolapesto sind das Gluten, Eier und Milch.
„Wenn ich ein Restaurant hätte, würde ich diese Stoffe in der Karte vermerken“, weil das „LaCuccina“ außer Haus liefert, läuft der Hinweis auf diese Weise. „Jeder Kunde bekommt diese Kärtchen mit.“ Neben dem Schreibtisch hängt – als übersichtliche Hilfe – eine große Übersichtstafel.
Die Reihenfolge muss eingehalten werden
Im Internet können sich Kunden insbesondere über die Auswahl der angebotenen „Genusswerke aus der Fingerfood-Manufaktur“ informieren. „Alle ergänzt durch eigene Bilder.“ Dort können die Spezialitäten auch bestellt werden. „Zu 65 Prozent beliefern wir Firmen“, umreißt Paul, der die Speisen mit Hilfe seiner Frau Dirith zubereitet, das Abnehmerspektrum. Aber auch private Feiern wie Konfirmationen werden beliefert. Und dabei muss unbedingt eine bestimmte Reihenfolge der Verarbeitung eingehalten werden.
Deshalb ist es kein Zufall, dass auf und über dem Schreibtisch und erst recht in der angrenzenden Küche überall Uhren hängen. Ob analog oder digital – egal. Hauptsache gut sichtbar, „denn wir arbeiten immer gegen die Uhr“. Eine Zucchini beispielsweise wässert stark und wird deshalb ganz zuletzt zubereitet. „Wir arbeiten mit einzelnen Komponenten auf die Zeit hin“, erläutert Rüdiger Paul das längst eingespielte Timing bis kurz vor der Auslieferung.
Datteln im Speckmantel können zwar früh vorbereitet werden, „frittiert werden sie aber erst kurz vorher“. Ähnlich läuft es mit anderen Speisen. „Wir müssen die Stabilität der Lebensmittel immer mit einberechnen.“
Neben den Erfahrungswerten helfen auch hier Tabellen, wenn Rüdiger Paul in aller Regel ab 7 Uhr in der Küche steht. Hinter dem Schreibtisch steht die neue Kühlung, darüber sind die neue Regale angebracht worden. „Wenn es heiß hergeht, muss alles sofort griffbereit sein.“
Ein großer weißer Taschenrechner deutet darauf hin, dass neben dem kulinarisch-handwerklichen Teil der Einkauf und die Buchführung zu erledigen sind. Einen Stempel gibt es auch, „wenn einer unbedingt bar bezahlen will“, sagt Paul. Mit Hilfe eines Scanners, der ebenfalls seinen festen Platz auf dem kleinen Schreibtisch hat, werden die Bestände ermittelt. In einer kleinen Ablage finden sich Briefumschläge und Kochmützen für Küchen-Partys. Sie werden im kleinen angegliederten Bistro ebenfalls angeboten. Handgeschriebene Cocktailrezepte fallen dort hinein.
»Das ist noch so ein Traum«
Für Privates bleibt in diesem kleinen Raum kaum Platz. Dennoch liegt die Karte eines Hochzeitspaares auf dem Schreibtisch, das sich für die Bewirtung bei der Feier bedankt hat. Und eine Urlaubskarte von den Seychellen hängt an der Wand. „Das ist noch so ein Traum“, sagt Rüdiger Paul. Den des „LaCuccina“ hat sich der 62-Jährige im Jahr 2012 zusammen mit seiner Frau erfüllt, denn Paul hat zwar mal eine Kochlehre begonnen, kommt aber eigentlich aus der EDV- Branche. Dort hatte er allerdings mit Qualitätssicherung und der Berechnung von Inhaltsstoffrezepturen zu tun. „Mit 55 Jahren bin ich ausgeschieden und habe das gemacht, was mir Spaß macht.“
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